Liebe Leserinnen und Leser,
heute schreibe ich Ihnen aus dem Land des Lächelns, Thailand, wo Tradition und Moderne oft aufeinandertreffen – manchmal sanft wie eine Feder, manchmal mit der Wucht eines Tuk-Tuks, das in die falsche Richtung rast.
Hier lächeln die Menschen, selbst wenn sie im Stau stehen, wenn der Monsunregen die Straßen in Flüsse verwandelt oder wenn die Politik wieder einmal zeigt, dass sie mehr mit Macht als mit Weitsicht zu tun hat. Thailand ist ein Land der Widersprüche: prunkvolle Tempel neben schreiender Armut, atemberaubende Natur neben Betonwüsten, die schneller wachsen als Bambus im Regen.
Und dann ist da noch die Politik. Ein Theaterstück, bei dem man nie weiß, ob es Tragödie oder Farce wird. Die einen tragen Uniform, die anderen gelbe oder rote Hemden, und am Ende sitzen doch immer die gleichen Leute am längeren Hebel. Die Jugend protestiert, fordert Veränderung – und wird dann mit Gesetzen mundtot gemacht, die aus einer Zeit stammen, als man noch glaubte, Kritik ließe sich weglächeln.
Dabei ist dieses Land so viel mehr als seine Schlagzeilen. Es ist das Land, in dem eine alte Frau mir jeden Morgen eine Tasse Kaffee mit einem Lächeln schenkt, das mehr Wärme hat als die thailändische Sonne. Es ist das Land, in dem Mönche barfuß durch die Straßen gehen, während neben ihnen Teenager Selfies für Instagram machen.
Manchmal frage ich mich: Wann wird dieses wundervolle, zerrissene Land endlich Frieden finden mit sich selbst? Wann hört das ewige Hin und Her zwischen Fortschrittsgier und Rückwärtssehnsucht auf?
Aber dann sehe ich die Kinder, die nach der Schule lachend über einen Markt rennen, die Fischer, die trotz aller Widrigkeiten jeden Morgen hinausfahren, die Menschen, die trotz allem nicht aufhören zu hoffen. Und ich denke: Vielleicht ist das Lächeln hier nicht nur Maske. Vielleicht ist es auch eine stille Rebellion.
In diesem Sinne – bleiben Sie neugierig, bleiben Sie kritisch, aber verlieren Sie nie den Blick für das Schöne.
Herzlichst,
Ihr Kilian Borchert
